Watchmen #10: Two Riders Were Approaching …

watchmen #10 cover

DC Comics

Auf dem Radar erscheinen zwei Flugzeuge: Air Force One und Air Force Two, Präsident Nixon und der Vizepräsident kommen zu einer Militärbasis, die in einem Berg untergebracht ist. Es herrscht Defcon 2, der zweithöchste Alarmzustand, kurz vor dem Ausbruch des Nuklearkriegs. Nixon trägt ein Gerät bei sich, mit dem er wahrscheinlich die Atombomben abfeuern könnte. „Two Riders were approaching“, lautet der Titel dieser Watchmen-Ausgabe. Die beiden Präsidenten wirken wie zwei Reiter der Apokalypse.

Auch andere Todesboten deuten sich an. Im Madison Square Garden ist das Konzert von „Pale Horse“ bereits ausverkauft, sie treten auf in Begleitung der Band „Krystalnacht“, wie auf Plakaten zu lesen ist, gleich neben Rorschachs Botschaft „The End is Nigh“ (Seite 5).

watchmen #10

Zukunft? Welche Zukunft. Nite Owl und Rorschach.

„Future? What future?“, fragt Nite Owl Rorschach, man stehe kurz vor dem Dritten Weltkrieg.  Rorschachs Rat: Wenn man am Abgrund hängt, sollte man nie hinunterschauen. Rorschach holt sein Ersatzkostüm ab, findet dann mit Nite Owl heraus, dass Adrian Veidt (Ozymandias) hinter der Verschwörung gegen Superhelden steckt und möglicherweise den Ausbruch des Krieges plant.

watchmen #10

Pyramid Deliveries schickt Menschen in den Tod.

Auf Adrian Veidts geheimer Insel feiern die Wissenschaftler und Künstler ihren Abschied und werden auf einem Schiff von Pyramid Deliveries in die Luft gejagt. In der Zwischenzeit betrachtet Veidt von Karnak aus, seiner Basis in der Antarktis, das Weltgeschehen auf zahllosen Fernsehern und überlegt, wo er angesichts des Kriegs investieren soll. Er wird zum Wächter, der über die Wächter wacht. Aber er nimmt auch eine Perspektive ein, die der des Lesers von Watchmen entspricht: Auch wir sehen die Comicseiten so, wie er die Bildschirme sieht, mehrere Bilder auf einmal, angeordnet in Rastern, während parallel verschiedene Handlungen laufen. Wieder werden wir auf unsere Beobachter-Rolle hingewiesen, nur diesmal sehen wir, wer noch zuschaut.

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Who Watches the Watchman? Ozymandias in Karkak.

Aus den Briefen im Anhang geht hervor, dass Veidt sich kurz zuvor noch Gedanken über neue Action-Figuren seiner Ozymandias-Reihe gemacht hat: „ethically very uncertain about Rorschach, Nite Owl and Moloch“. Er schlägt lieber eine Armee von Terroristen vor. „More militaristic flavor will sell better“, lautet sein zynisches Urteil. Man solle solange Vorteil aus der Kriegsstimmung ziehen, solange es geht.

Im Widerspruch dazu steht das Manuskript zur „Veidt Method“, in dem es heißt, man sei Teil eines größeren sozialen Organismus und man könne, wenn man sich selbst verbessere, die Welt positiv beeinflussen und Verantwortung zu übernehmen. Von einem Kriegsprofiteur klingt das verlogen, aber wie sich noch herausstellen wird, übernimmt Ozymandias tatsächlich auf seine Weise Verantwortung für die Welt, auch wenn er dafür den Tod vieler Menschen in Kauf nimmt.

Seine Schwäche für die alten Ägypter deutet auch eine Faszination für den Todeskult an: Der Tod sei für sie nur eine Reise gewesen, sagt Nite Owl (Seite 16). Und Rorschach ergänzt später: „Ancient pharaohs looked forward to end of the world: believed cadavers would rise, reclaim hearts from golden jars“ (Seite 20). Die beiden fliegen in die Antarktis, um Veidt zu konfrontieren.

Auch Rorschach weiß, wie er in seinem letzten Tagebucheintrag schreibt, dass er mit Nite Owl seinem möglichen Tod entgegengeht. Veidt ist ihnen überlegen, die Antarktis ist ein lebensfeindlicher Raum für sie. „For my own part, regret nothing. Have lived life, free from compromise … and step into the shadow now without complaint.“ Rorschach schickt sein Tagebuch dem New Frontiersman, dem er für die ideelle Unterstützung dankt, aber da sein Name nicht daraufsteht und Seymour es nur oberflächlich liest, landet es zunächst auf dem Stapel „crank file“.

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Wahnsinn und Mord im Black Freighter. (DC Comics)

Der Held aus dem Black Freighter ist von Rache zerfressen: Als er an seiner Heimatküste ankommt, in der Nähe von Davidstown, erschlägt er, vom Wahnsinn ergriffen,  einen Bankier und seine Frau, als sie sein Floß bemerken. Er zieht die Kleidung des Bankiers an, setzt die tote Frau auf das andere Pferd und reitet nach Davidstown – zwei weitere Reiter, die sich ihrem Ziel nähern.

Der Zeitungsverkäufer kommentiert dazu, dass das Ende der Welt bevorstehe. Als ihm zwei Zeugen Jehovas eine Zeitung abkaufen und ihm daraufhin den Watchtower geben und mit ihm über das Ende der Welt reden wollen, ändert er seine Meinung: „Baloney! End of the world? No way, José!“ Er will Fanatikern nicht die Genutuung geben, hinterher sagen zu können: „I told ya so!“ Die beiden Zeugen radeln davon – wieder zwei Reiter mehr.

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Zwei Reiter im Sturm, aber der Schurke hat nichts zu befürchten.

Schließlich werden Rorschach und Nite Owl, nachdem ihr Schiff in der Antarktis Bruch gelandet ist, zu den zwei ankommenden Reitern, während Ozymandias mit seiner Katze Bubastis sie erwartet. „Everything’s all right.“

Das Zitat aus dem Song „All Along the Watchtower“ von Bob Dylan beschreibt die Szene:

„Outside in the distance a wild cat did growl, two riders were approaching, the wind began to howl.“

Doch auch andere Teile des Textes lassen sich auf Watchmen beziehen. Allerdings ist es nicht der Joker, der die Worte des Comedian spricht, sondern der Dieb:

No reason to get excited
The thief, he kindly spoke
There are many here among us
Who feel that life is but a joke

Auch die Worte von Laurie (Watchmen #9) hallen darin wieder. Allerdings spricht der Dieb auch Hoffnung aus:

But you and I, we’ve been through that
And this is not our fate
So let us not talk falsely now
The hour is getting late

Die Stunde Zwölf bzw. Null rückt auch in dem Song näher. Tatsächlich ist es bereits viel zu spät, wie sich herausstellen wird, um an dem Schicksal noch etwas zu ändern.

>> Watchmen-Bibliografie

Ein Gedanke zu “Watchmen #10: Two Riders Were Approaching …

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