Doomsday Clock #2: Places We Have Never Known

doomsday clock #2 cover

DC Comics

Ein schwarzes Kostüm liegt auf dem Boden, mit zwei roten Knöpfen, die wie Augen aussehen, der Faltenwurf erinnert an ein Lächeln – wieder einmal spiegelt sich der Smiley des Comedian als allgegenwärtiges Symbol. Daneben liegen schwarz-weiß gestreifte Strümpfe und eine Handtasche, aus der ein Lippenstift und ein Flakon Nostalgia gefallen sind.  Die Schurken Marionette und Mime ziehen ihre Kostüme an: schwarz-weiß, gestreift. So schminken sie auch ihre Gesichter. Marionette riecht an einem Nostalgia-Flakon und sagt: „They don’t make this anymore.“ Damit erweist sie sich nicht nur selbst als Nostalgikerin, sondern zitiert auch Rorschach, der in Watchmen fast dasselbe über „American love“ geschrieben hat.

Marionette & Nostalgia

Nostalgia: „They don’t make this anymore.“

Marionette erzählt, dass erst das Auftauchen der Minutemen im Jahr 1939 jeden Möchtegern-Verbrecher in New York dazu gebracht habe, eine Maske zu tragen. Eine Frau, die sich „The Tailor’s Wife“ nannte, nähte für jeden Kostüme auf Bestellung. Aber die Verkleidung änderte nichts daran, dass jeder trotzdem Angst hatte vor dem Comedian und Nite Owl. Dank Veidt sei aber die Welt nicht mehr schwarz oder weiß. „You can’t put your faith in anyone these days.“

Mime & Marionette

Posieren für die Kamera in schwarz-weiß: Mime und Marionette beim Bankraub.

In alter Watchmen-Tradition wird in einer Rückblende von einem Bankraub erzählt, den Marionette und Mime zu verüben versuchten.  Wir sehen den Raub zunächst durch den schwarz-weißen Überwachungsmonitor wie im Fernsehen und tatsächlich wird er inszeniert wie eine Showeinlage, als ginge es mehr um das Wie als um das Was, allerdings zur Unterhaltung der Täter. Während Mime die Menschen damit irritiert, dass er ihre Reaktionen pantomimisch nachahmt und imaginäre Waffen auf sie richtet, spannt Marionette einen dünnen Draht zwischen ihren Händen, mit dem sie dem Filialleiter der Bank einen Finger abschneidet. Der Faden der Marionette dient also nicht dazu, sie zu manipulieren, sondern ist eine Waffe, die sie selbst kontrolliert.

Dr. Manhattan & Marionette

Dr. Manhattan verschont die schwangere Marionette.

Dann taucht Dr. Manhattan auf und beendet den Raubzug der beiden, der bereits einige Menschenleben gekostet hat. Er verschont Marionette, als er bemerkt, dass sie schwanger ist. Ozymandias erklärt es damit, dass Marionette einen Moment in Jons Vergangenheit repräsentiere und ihn daran erinnert, wer er zuvor gewesen sei. Das ist auch der Grund, weshalb er sie mitgenommen hat. (Später wird Jons Zögern damit begründet, dass er in Vietnam den Comedian eine Schwangere erschießen ließ.)

Atomrakete

Berühmte letzte Worte: „Look! Up in the sky!“

In der Gegenwart reisen Ozymandias, Rorschach, Marionette und Mime in das DC-Universum, um Dr. Manhattan zu finden. In dem Moment schlägt die Atomrakete in New York ein. Ihre Ankunft kommentieren die Menschen wie die Erscheinung Supermans: „Look! Up in the sky!“ „Is that a plane?“

Owl Ship & Batsignal

Da macht die Fledermaus Augen: Das Owl Ship kommt nach Gotham City.

Die Helden entkommen nur knapp der nuklearen Vernichtung und fliegen nach Gotham City. Das Owl-Ship verleiht dem Batsignal am Himmel kurz leuchtende Augen, bevor das Schiff in einem stillgelegten Vergnügungspark Bruch landet. (Dort ist im Hintergrund ein Helter Skelter zu sehen, jene Rutsche, auf die schon das Cover von Watchmen #3 anspielte.)

Krise in Gotham City

Die beiden Helden fesseln die beiden Schurken mit Handschellen, informieren sich in der Bibliothek, wer die klügsten Menschen auf dem Planeten sind, und beschließen, sie um Hilfe zu bitten: Lex Luthor und Bruce Wayne. Marionette und Mime befreien sich später selbst.

Doomsday Clock: Batman

Das Image der Superhelden leidet: Demonstranten gegen Batman.

Die Lage in Gotham ist angespannt: Wayne Enterprises verklagt Lexcorp wegen Industriespionage, die Firma könnte von Lexcorp gekauft werden. In Gotham gehen die Menschen gegen Batman auf die Straße, sie nennen ihn einen Faschisten und Terroristen und fordern ein Ende des Vigilantismus. Bruce muss bei einer psychologischen Untersuchung seiner Firma einen Rorschachtest machen. Obwohl später deutlich wird, dass ihn die Flecken an eine Fledermaus und seine ermordeten Eltern erinnern, lügt er den Arzt an, er würde nur Boote sehen. Damit steht er in der Tradition von Rorschach (Watchmen #6).

Rorschachtest

Bruce Wayne mogelt beim Rorschachtest.

Der neue Rorschach bricht in Wayne Manor ein und entdeckt – kurz vor Mitternacht – die Bathöhle. „He must be a monster“, denkt er, als er sich die Trophäen ansieht. „Only monster would keep trophies like this.“ Mit dieser Einstellung habe bereits Kovacs so viele „Tiere“ gefangen, sie hätten die Vergangenheit nicht ruhen lassen können. Besessen davon jagen Leute wie sie der größten Lüge nach, dass Helden noch nicht tot seien. Gleichzeitig ist aber dieser Rorschach selbst ein Wiedergänger seines Vorbilds und imitiert ihn bis ins Detail.

Doomsday Clock: Rorschach in Wayne Manor

Rorschach findet die Bathöhle.

Gleichzeitg bricht Ozymandias  bei Lexcorp ein und versucht, Lex Luthor zu überzeugen, ihm zu helfen, aber der will ihn sofort rauswerfen lassen. Da taucht plötzlich der Comedian auf und schießt auf Ozymandias, der weicht aus und die Kugel trifft Luthor. Der Comedian will sich an Ozymandias für den versuchten Mord an ihm rächen. Mit dem Smiley schließt sich der Kreis zum Coverbild.

Comedian

Der Comedian schlägt zurück.

Die „Supermen Theory“

Im Anhang erklären Presseartikel die Aufregung um Superhelden: Eine Verschwörungstheorie kursiert, die besagt, dass Superhelden von der US-Regierung erschaffen worden seien. Der Beleg dafür ist, dass sich in den USA die meisten Metamenschen konzentrieren. Die „Supermen Theory“ geht von der Genetikerin Helga Jace aus Markovia aus. Verdächtigt werden vor allem Metamorpho (Rex Mason) und Man-Bat (Kirk Langstrom). Superman ruft die Menschen zur Besonnenheit auf. Er scheint noch der einzige vertrauenswürdige Superheld zu sein.

Jakobs Kampf am Jabbok

Jakob kämpft gegen den Engel: Veidt bewundert Luthors Geschmack.

Die Menschen legen sich mit den „Göttern“ an. Passend dazu hängt in Luthors Büro ein Gemälde, das Jakobs Kampf am Jabbok zeigt (Gen 32,23–33). Jakob kämpft vor der Konfrontation mit Esau mit einem unbekannten Mann, der Kampf endet unentschieden. Jakob fordert: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ Daraufhin erhält er den Namen „Israel“, weil er mit Gott gerungen habe. Oft wird der „Mann“ als Engel dargestellt, so auch hier. Das Bild steht für Luthors Eitelkeit und Hybris. „I admire your taste, Mr. Luthor“, sagt Veidt. „And your aspirations.“ Zugleich nimmt es Veidts Plan auf, selbst mit Gott, Dr. Manhattan, zu ringen.

Das Schlusszitat der Autorin Carson McCullers bezieht sich nicht nur auf die Figuren, die zwischen dem Vertrauten und dem Ungewohnten pendeln:

„We are torn between nostalgia for the familiar and an urge the foreign and strange. As often as not, we are homesick most for the places we have never known.“

Das Heimweh nach nie gekannten Orten ist auch der Wunsch, der Dr. Manhattan dazu gebracht hat, eine neue Galaxie aufzusuchen, neues Leben zu erschaffen und ihn schließlich ins DC-Universum geführt hat. Es beschreibt zugleich auch die Herausforderung, der sich Geoff Johns und Gary Frank mit Doomsday Clock stellen: Einerseits ist die Serie durchzogen von Watchmen-Nostalgie, gleichzeitig wird versucht, etwas Neues zu erzählen. Nicht zuletzt ist es auch der Wunsch der Leser, der eigentlichen Watchmen. Wir schauen zu und hoffen, dass Doomsday Clock ein rechtes Maß findet zwischen dem Vetrauten und dem Unbekannten, das seine Existenz rechtfertigt.

Ein Gedanke zu “Doomsday Clock #2: Places We Have Never Known

  1. Pingback: Doomsday Clock #3: Not Victory Nor Defeat | Watching the Watchmen

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