Doomsday Clock #3: Not Victory Nor Defeat

doomsday clock #3 cover

DC Comics

Wenn nichts endet, wie Dr. Manhattan sagt, bedeutet das in der Welt von Watchmen auch, dass sich Geschichte wiederholt. Alles kehrt immer wieder. Auch in Doomsday Clock. In Ausgabe drei sehen wir noch einmal den Mord am Comedian, diesmal aber ist der Täter Ozymandias erkennbar. Es beginnt mit einer zerschellenden Ginflasche (wie viele andere Produkte auch aus dem Hause Veidt), Edward Blake wird durchs Fenster geworfen, aber statt auf die Straße fällt er ins Meer. Als er an den Strand kriecht, sieht er den Verantwortlichen: Dr. Manhattan.

In der Gegenwart rächt sich der Comedian an Ozymandias: Schon im Kapitel zuvor hat er in Lex Luthors Büro auf ihn geschossen, dabei Luthor getroffen. Im Kampf ist Blake überlegen, Ozymandias flieht mit einem Sprung durchs Fenster, landet jedoch weicher als damals der Comedian und endet, wie auch Luthor, im Krankenhaus.

Rückblende zu Watchmen: Veidt tötet den Comedian.

Dr. Manhattan rettet den Comedian.

Marionette und Mime gehen in eine Bar des Jokers, wo sie mit ihrer Aufmachung gegen das herrschende Schminkverbot verstoßen. Als Jokers Handlanger die beiden bestrafen wollen, richtet das Paar ein Gemetzel an. Dann verlangen sie, den Chef zu sprechen.

Batman ist ein langsamer Leser, Rorschach ungeduldig beim Warten.

Batman konfrontiert Rorschach in der Bathöhle. Dieser gibt ihm, nach einigen unbeholfenen Erklärungsversuchen, das Tagebuch seines Vorgängers. Während Batman liest, lädt er den Eindringling dazu ein, sich in Wayne Manor einzurichten. Rorschach fühlt sich unwohl mit dem Luxus, legt aber die Maske ab und steigt unter die Dusche. Zum ersten Mal sieht man Reggie Long, der hier noch nicht so genannt wird. Bei Reggie kommen Schuldgefühle hoch, dass er sich mit dem Massemörder Ozymandias eingelasen hat, unter der Dusche kratzt er sich die Kopfhaut auf. Das symmetrisch herunterlaufende Blut wird ihm zur zweiten Maske. Später hat er einen Albtraum von dem „Alien-Invader“ von New York, der vor seinem Auto auf der Straße auftaucht.

Rorschach nimmt die Maske ab und wird zu Reggie Long.

Als Rorschach nach 24 Stunden aufwacht, lockt ihn Batman nach Arkham Asylum, indem er behauptet, dort Dr. Manhattan gefunden zu haben. Dann sperrt er Rorschach in eine Zelle. „We’re all mad here“, steht auf der Zellenwand, ein Zitat aus Alice im Wunderland. (Figuren aus dem Buch tauchten bereits in Doomsday Clock #2 auf: Mad Hatter sowie Tweedledum und Tweedledee .) Die Geschichte wiederholt sich auch hier: Bereits in Watchmen #5 wurde Rorschach in eine Falle geführt und ist danach im Gefängnis gelandet.

Das letzte Wort in diesem Kapitel hat der ehemalige US-Präsident Theodore Roosevelt:

„For better it is to dare mighty things, to win glorious triumphs, even though checkered by failure…than to rank with those poor spirits who neither enjoy nor suffer much because they live in a gray twilight that knows not victory nor defeat.“

Es sei besser, nach Höherem zu streben, sagt er, auch wenn man dabei Rückschläge erleidet, als sich mit den armen Seelen in eine Reihe zu stellen, die weder viel leiden noch viel genießen, weil sie im grauen Zwielicht leben, in dem es nichts zu gewinnen oder zu verlieren gibt. Das trifft auf den Größenwahn von Ozymandias und Luthor zu, aber auch auf die anderen Superhelden und -schurken, die mit ihren ungewöhnlichen Leben zwischen den Extremen schwanken. Damit rechtfertigt das Zitat das Superheldendasein indirekt, das in Watchmen sehr kritisch gesehen wird.

Film Noir: The Adjournment

In Doomsday Clock sind die Menschen im Zwielicht die Bewohner des Altenheims, denen nichts anderes bleibt, als sich um das Fernsehprogramm zu kümmern. Johnny Thunder (früher Träger des Zauberwesens Thunderbolt) steht währenddessen nur am Fenster und wartet darauf, dass seine Enkelin und ihr Sohn ihn zum Abendessen abholen, wie jeden ersten Montag im Monat. Aber es kommt wohl niemand mehr, es ist schon nach zehn. Thunder ist traurig: „But I wore my best suit.“

Streit ums TV-Programm: Zwischen Nachrichten über Metawesen und Film Noir.

Währenddessen streiten die Heimbewohner um das Fernsehprogramm im Gemeinschaftsraum: Die einen wollen einen Bericht über die Supermen-Theory sehen (mittlerweile hat auch Lady Clayface zugegeben, von der Regierung rekrutiert worden zu sein), ein Bewohner namens Donald besteht auf einem alten Film Noir: The Adjournment von 1954 mit Carver Colman in seiner letzten Rolle als Privatdetektiv Nathaniel Dusk.

Johnny Thunder wartet vergeblich auf seine Familie.

The Adjournment ist das Pendant zu den Tales of the Black Freighter, die in Watchmen #3 beginnen. Statt eines Comics im Comic gibt es nun einen Film im Comic. Bereits in Doomsday Clock #2 (Seite 19) laufen Rorschach und Ozymandias an einem Elektronikladen vorbei, in dem ein Fernseher im Schaufenster eine Werbung für den „Nathaniel Dusk-Marathon“ zeigt: „The p.i. with nothing left to lose!“ The Adjournment wird als kontroverser, aber preisgekrönter Film eingeführt. Außerdem heißt es, Carver Colman sei nach diesem Film brutal ermordet und sein Tod nie aufgeklärt worden.

Hardboiled Detective: Nathaniel Dusk hat nichts zu verlieren.

Zu Beginn des Films erzählt der Held aus dem Off, dass er seine Frau an ihren Ex-Mann verloren habe, ein Gangster hat sie getötet, später wurde dieser erschossen. Ihre beiden Kinder (Sohn und Tochter, die nicht von Dusk stammen) sind bei den Eltern seiner Frau in Indiana. Nathaniel Dusk sitzt Heiligabend in seinem Büro und trinkt, als jemand hereinkommt. Dusk richtet eine Waffe auf den Besucher.

Schrödingers Katze lässt grüßen: Alles, was Nathaniel Dusk geblieben ist.

Einige Seiten später wird Dusk von Lt. Murray Abrahams zu einem Tatort geführt. Zwei Tote mit Schusswunden in den Köpfen liegen in einer Wohnung: Alastair Tempus, Banker im Ruhestand, und Bentley Farmer, Stadtplaner und Schwager von Abrahams. Zwischen ihnen liegen ein Schachbrett und drei Schachfiguren: weißer Springer, schwarzer König, weißer Bauer. Dusk vermutet, dass nur einer das primäre Ziel war und fragt sich, wer nur Pech hatte, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein. Später betritt er die Wohnung seiner toten Frau, wo noch immer ein Weihnachtsbaum und ein ungeöffnetes Geschenk für Dusk stehen. „Whatever’s in this box…it’s all I have left of the greatest love of my life.“ (Die Ungewissheit der verschlossenen Kiste erinnert an das Gedankenexperiment von Schrödingers Katze, das in Before Watchmen: Dr. Manhattan als Symbol dient.)

Doch der Film wird unterbrochen, weil jemand umschaltet zu den Nachrichten: Wir sehen den Brand nach einem Anschlag in Berlin. Verdächtigt wird der „Wild Hunstman“ (ist „Huntsman“ gemeint?), ein deutscher Superheld. Später wird von Metagen-Detektoren an Flughäfen berichtet, die Superwesen aufdecken sollen. Fremdenfeindlichkeit schlägt in Paranoia über. Metawesen werden verfolgt und entführt.

Durch diese Erzählmethode des Umschaltens zwischen den Sendern gelingt es, zwischen den Ereignissen in der Welt und der Binnenhandlung des Films hin- und herzuspringen, ohne das Medium wechseln zu müssen. Zunächst spiegelt sich in Dusks Situation Johnny Thunders Einsamkeit, seine Ermittlung spiegelt die Suche der Superhelden. Noch deutlicher erinnert aber der Fall an die Handlung aus Watchmen: Dort ist es Ozymandias, der unvorhergesehenerweise zuerst den Comedian tötet und dann weitere Tote folgen lässt, um nicht aufzufliegen. Der Film läuft auch im Wärterhäuschen von Arkham Asylum. Am Ende spoilert der Wärter, dass am Ende einer der Toten als Mörder entlarvt wird.

Im Anhang wird in im Hollywood-Klatsch-Magazin Screenland Secrets erklärt, dass Colman mit seiner Oscar-Statue erschlagen wurde. Verdächtigt wird seine angebliche Mutter, die Verbindungen zur Sabella-Mafia gehabt und versucht haben soll, ihren Sohn zu erpressen. In seinem Haus hat die Polizei einen geheimen Raum mit einer großen Uhrensammlung gefunden, den „ticktock room“. Damit wird bereits seine Verbindung zum „Watchmaker“ Dr. Manhattan angedeutet. Nicht von ungefähr trägt sein letzter Film den Titel The Adjournment, also „Die Vertagung/Verschiebung“.

2 Gedanken zu “Doomsday Clock #3: Not Victory Nor Defeat

  1. Pingback: Doomsday Clock #4: Walk on Water | Watching the Watchmen

  2. Pingback: Watchmen 1.3: She Was Killed by Space Junk | Watching the Watchmen

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s